Seminar
Heimat/Heimatlosigkeit
Dort, wo Flüchtlingsunterkünfte entstehen sollen oder neuerdings schon bewohnt sind, scheint es zu einer unerträglichen Gewohnheit geworden zu sein, diese, wenn nicht anzuzünden, sie zu bekämpfen. Der zivilisierte anteilnehmende Respekt vor Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, kann nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden.
Grund genug sich einmal mit dieser großen Ungenauigkeit, gleichwohl wirkmächtigen Zuordnungsgewohnheit „Heimat“ auseinanderzusetzen, einem deutschsprachigen Begriff, für dessen komplexe räumliche, soziokulturelle und politische Bedeutung es häufig keine wirklich adäquate Übersetzung in andere Sprachen gibt.
Anhand des anfänglich österreich-deutschen Genres des „Heimatfilms“ soll diese Komplexität einerseits verstanden werden, ausgehend von der These, dass der Kampf gegen Flüchtlinge tätlicher Heimatschutz ist, jedoch nicht die Ankommenden das Problem sind, sondern die identifikatorische Besetzung des Begriffs „Beheimatung“. Andererseits soll mit Hilfe der Metamorphosen, die der Heimatfilm seit ca. den 1980er Jahre erfahren hat, eine Auseinandersetzung mit den in die Kapitalismuskritik verwobenen Vorstellungen eines kritischen Heimatbildes befördert werden. Der Zweck hiervon ist, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie Filme gesehen werden, die nicht aus dem österreichisch-deutschen Kulturkreis kommen und ihrerseits aber auch von Heimat, von verlorener Heimat oder neuer Heimat erzählen.
otthon:ahol mindent ismerek - Die Teilnehmer_innen des Seminars sind herzlich dazu aufgefordert, Beispiele für Brauchtum, Musik, Kleidung, Filme zum Thema „Heimat“ aus ihren Herkunftsländern einzubringen, weshalb das Programm für mehrere Sitzung nur als Vorschlag geplant ist.
Seminarplan:
20.10. Einführung
27.10. Gemeinsame Diskussion der Lektüren von:
Literatur: Gisela Ecker; Will Cremer / Ansgar Klein; Elisabeth Bütfering;
03.11.: Heimkehr (Gustav Ucicky, 1941); (Da der Film als Vorbehaltsfilm eingestuft ist, wird es eine
historische Einführung durch die Seminarleitung geben)
Elfriede Jelinke „Burgtheater“ (1985)
Literatur: Andrea Oberheiden-Brent, Gerald Trimmel
10.11.: Grün ist die Heide (Hans Deppe, 1951)
Literatur: Christian Graf von Krockow; Wolfgang Kaschuba; Anja Schoene; Andrea Ludewig
17.11.: Brauchtum, Trachten, Feste; Gerhard Fritsch, Fasching (1967)
Literatur: Celia Appelgate; Gerhard Handschuh; Reinhold Knoll; Ingeborg Majer O'Sickey
24.11.: Das Lied von Kaprun (Das Lied der Hohen Tauern, Anton Kutter, 1955);
Elfriede Jelinek, Das Werk (Akademietheater Wien, Nicolas Stemann, 2004)
Literatur: Helga Herrmann; Gertraud Steiner
01.12.: Jagdszenen aus Niederbayern (Peter Fleischmann, 1969);
Martin Sperr, Bayrische Trilogie / Jagdszenen aus Niederbayern (Erstaufführung 1966)
Literatur: Hermann Bausinger; Jürgen Lodemann; Albert Herrenknecht
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Die nachfolgenden vier Sitzungen sind ein Vorschlag, falls es keine alternativen Beiträge von den Seminarteilnehmer_innen gibt.
Literatur: Jürgen Lodemann, Monika Shafi, Gisela Ecker, Friedrich Hölderlin, Jean Améry, Georg Simmel, Saul Friedländer, Norbert Elias,
08.12.: Die Siebtelbauern (Stefan Ruzowitzky, 1998)
15.12.: Heimat - Eine deutsche Chronik (Edgar Reitz, 1984)
05.01.: Verwirrung der Liebe (Slatan Dudow, 1959); Spur der Steine /Frank Beyer, 1966)
12.01.: Rote Erde (Erste Staffel, Klaus Emmerich, 1983), Hillbilly/Appalachian
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19.01.: The Time that Remains, (Elia Suleiman, 2009)
26.01.: The Green Wave (Ali Samadi Ahadi, 2011)
02.02.: Der Imker (Mano Khalil, 2013)
09.02: Wir sind jung. Wir sind stark. (Burhan Qurbani, 2014)
Literatur: Magda Müller
+ Resümee
Wahlmöglichkeiten Theaterbesuche:
Berliner Ensemble – Max Frisch, Andorra
Schaubühne – Christa Wolf/Armin Petras, Der geteilte Himmel oder Falk Richter, Fear
Maxim Gorki Theater - Yael Ronen, The Situation oder Sebastian Nübling, In unserem Namen
Heimathafen Neukölln – Nicole Oder, Ultima Ratio
Die Literatur zu den Sitzung ist in moodle bereitgestellt. Das Zugangs-Passwort ist: Haim0t