Das Lokale – künstlerische Handlung in umkämpften Räumen (2) / The Local—Artistic Practice in Contested Spaces (2)
Monumente für das Gemeinwohl
Der Begriff des Gemeinwohls ist mit den sichtbaren Folgen des Ausverkaufs der Städte wieder stärker in den Vordergrund gerückt. Heute wird er ausufernd verwendet, um gesellschaftliche und politische Kräfte für die Rückeroberung des finanzialisierten Raums durch neue gemeinschaftliche, nicht profitorientierte Konzepte zu mobilisieren.
In dem Theorie-Praxis-Projekt werden alternative Eigentumskonzepte untersucht, die Eigentum und Gebrauch unterscheiden, differenzierte Nutzungskonzepte entwickeln, Selbstorganisation aufstellen, Stadtgesellschaft als Ganzes denken, und als Keimzellen einer – möglichst skalierbaren – gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung diskutiert werden. Ausgehend von dem Projekt ExRotaprint, mit dem wir in diesem Semester enger kooperieren, werden wir weitere aktuelle Berliner Projekte mit ihren rechtlichen Instrumenten und Modellen kennenlernen: den Community Land Trust, das Mietshäuser Syndikat, Genossenschaften, Erbbaurechte, Gemeinnützigkeit und neue Kooperationen zwischen kommunalen Institutionen mit Zivilgesellschaft. Wie verhindern diese Projekte Spekulation? An welche gesellschaftlichen Gruppen richten sie sich, wer sind die Nutzer?
Was hat das mit Kunst zu tun? In einem ähnlichen Ausmaß, wie Raum den Interessen des Kapitals untergeordnet wird, spaltet sich der Kunstbetrieb in eine immer weiter überhitzende Marktkunst und eine immer stärker politisierende Diskurskunst auf, was Künstlern und ihrer künstlerischen Arbeit eine Entscheidung zwischen Ästhetik oder Ethik abzuringen scheint. Wir werden uns Beispiele künstlerischer Praxen anschauen, die sich dem Spagat zwischen Politik und Kunst stellen und/oder ihn thematisieren. Ziel des Semesterprojekts sind freie künstlerische Arbeiten, die die aktuelle Berliner Debatte und die untersuchten Projekte als mögliche „Monumente“ für das Gemeinwohl skizzieren. Monument meint damit nicht überkommene Darstellungen heroischen Scheiterns oder Gewinnens in historischen Zusammenhängen, sondern eine analytisch-kritische bis spielerisch-feiernde Reflexion der Möglichkeiten des Eingreifens in gesellschaftliche Kontexte. Angesichts der Vielschichtigkeit geht es um das Denken in Entwürfen, einer Annäherung in Skizzen und Absichten, die auch der Unvollkommenheit Rechnung trägt. Die Darstellung von Ideen und Konzepten soll erarbeitet, erprobt und erlernt werden.
Programm der Exkursionen und Gespäche siehe PDF.
English Version:
Monuments for the Common Good
With the selling out of cities and its impacts made visible, the concept of the common good is once again coming to the fore. Today it is used extensively to mobilize societal and political forces in the reconquest of financialized space through new community-based, non-profit-oriented concepts.
The Theory-Practice Project examines alternative concepts of ownership that distinguish between ownership and use, develop differentiated use concepts, establish models of self-organization, reflect on urban society as a whole, and are discussed as the hotbed of a—potentially scalable—urban development oriented toward the common good. Drawing on the ExRotaprint project, which we will cooperate more closely with this semester, we will learn about other current Berlin projects, their legal instruments and models: the Community Land Trust, the Mietshäuser Syndikat, co-ops, heritable building right, non-profits, and new partnerships between municipal institutions and civil society. How do these projects prevent speculation? Which social groups are they addressing, who are the users?
What does this have to do with art? To a similar extent, as space is subordinated to the interests of capital, a split forms in the art world between an increasingly overheated art market and a more and more politicizing art discourse, which seemingly forces artists to decide between aesthetics or ethics in their artistic work. We will look at examples of artistic practices that confront this balancing act between politics and art and / or address it thematically. The aim of the seminar is to produce open-ended artistic works that outline the current debate in Berlin and the projects we examine as potential “monuments” for the common good. Here monument does not mean traditional representations of heroic failure or gain in historical contexts, but an analytical-critical to playful-celebratory reflection on the possibilities of intervening in social contexts. Given the complexity of the subject, emphasis is placed on thinking in draft versions, approaching concepts in sketches and plans that also take incompleteness into account. The presenting of ideas and concepts is to be elaborated, tested out, and learned.