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Michael Schwarz

MA Raumstrategien

Seminar

KUNST, PSYCHOLOGIE UND TECHNIK

ART, PSYCHOLOGY AND TECHNOLOGY

In unbedenklicher Vermenschlichung läßt man Maschinen Informationen empfangen, Nachrichten austauschen, Entscheidungen fällen und Zielen zustreben. [...] Der fundamentale Unterschied der Beziehung eines erlebenden Wesens zur gegenständlichen Welt und eines Organismus zu Reizen wird ignoriert. (Erwin Straus, Vom Sinn der Sinne, 1956)

Im kommenden Semester sollen einige der brennendsten Fragen, die in den Vorträgen im Januar an der KHM Köln von und bei den Diskussionen mit Oswald Wiener und Friedrich W. Heubach angestoßen wurden, ausführlich vorgestellt und weiter vertieft werden. Wichtig wären hier einige Begriffsklärungen: Orientierung, Analogie, Bild und Repräsentation, sinnliches Erkennen...
VORKENNTNISSE ÜBER DIE THEMATIK SIND NICHT ERFORDERLICH.

In uncritical anthropomorphic interpretation, machines are said to receive information, to exchange data, to make decisions, and to pursue goals. [...] The fundamental difference between the relationship of an experiencing being to the world of objects and of an organism to the stimuli is ignored. (Erwin Straus, The Primary World of Senses, 1963)

In the coming semester, some of the most burning questions that were raised from the lectures in January at the KHM Cologne and during the discussions with Oswald Wiener and Friedrich W. Heubach will be presented in detail and further deepened. The explanation of some terms would be important: orientation, analogy, image and representation, sensual recognition...
PREVIOUS KNOWLEDGE IS NOT REQUIRED.

Zu leichtfertig werden die psychologischen Terme „Lernen“, „Bild“ und „Intelligenz“ etc. auf die Technik übertragen, d.h. auf die Praxis der zeitgenössischen Maschinen (Neuronenmodelle und ihre Netzwerke), denn diese Kaschierungen stammen aus einer „kaltblütigen“ Simulation (O. Wiener)! Oder sitzen womöglich ihre Theoretiker*innen aus dem Silicon Valley und der Neurophysiologie selbst einem trügerischen Anthropomorphismus auf? Während auf der einen Seite die Kritiker mit technischen Einwänden auffahren (R. Penrose), wollen wir auf der anderen Seite herausstellen, was uns die künstlerische Erfahrung über die Gegenstände des Erlebens in einer wechselnden Orientierung lehrt.

Bild- und Repräsentations-Begriffe
Was ist ein Bild? Die Frage stellt sich in psychologischer, bildtheoretischer vs. bildwissenschaftlicher Hinsicht. Ausgehend von dem Thema „Imagination“ haben wir uns im letzten Semester dem Thema „Bild“, wie es für einen „homo pictor“ vorgezeichnet war, angenähert. In was für einer Beziehung stehen dazu die Leistungen der aktuellen algorithmischen „Bilderkennung“? Wo bleibt die „Repräsentation“ als Grundlage der „gegenständlichen Welt“, des „Bedeutungssystems“ und als Voraussetzung für das kindliche Spiel und des ästhetischen Verhaltens?

Vom Sinn und Unsinn einer Intelligenz-Definition
Zwischen einer „Intelligenz des Künstlerischen“ und dem „Intelligenz-Ersatz“ der zeitgenössischen Maschinen-Praxis klafft eine riesige Lücke. Lassen sich diese Intelligenzbegriffe vergleichen, oder ist bereits der Versuch einer umfassenden Definition tautologisch, da „Intelligenz ist, was der Intelligenztest misst“?

Vom sinnlichen Erkennen und der Analogie
Ein dritter Teil handelt a) von Friedrich W. Heubachs Beispielen zur „sinnlichen Erfahrung“ und der Herausforderung bzw. dem Versuch, ihnen einen erweiterten Zusammenhang durch eine Begriffsklärung der Terme „Assoziation“ und „Analogie“ zu geben und b) von Oswald Wieners Beispiel eines Tongegenstands, denselben er/wir „einmal als si, ein andermal als ein mi, [erleben können] ohne die zugehörigen Akkorde zu hören oder auch nur vorzustellen“. Verschiedene Beispiele führen uns zu unterschiedlichen Aspekten des Begriffs „Orientierung“.

Orientierungsbegriff
In unserem heutigen Orientierungsbegriff, als temporäre Gesamtorganisation von Heterarchien aus sensomotorischen und begrifflichen Schemata eines Organismus, kulminierte ein Großteil der Psychologiegeschichte, intersubjektiv erfahrbar in der Selbstbeobachtung. Angefangen von Ewald Herings Gegenfarbtheorie (später Maturana et. al), über Carl Stumpfs Tonpsychologie („Verschmelzung“) und den denkpsychologischen Versuchen der Würzburger Schule. Unterschiedliche Aspekte sollen hervorgehoben werden.

Weitere Themenvorschläge zur Diskussion und für Referate (bzw. Hausarbeiten) wären:
– Turings „objection“ im Kybernetik-Artikel von Oswald Wiener 2015 – Eine kritische Auseinandersetzung mit der CCRU (Cybernetic Culture Research Unit) und dem Akzelerationismus (z.B. Lütticken, Die Mächte des Falschen, TzK 2017) – Ein Abstecher zu F. W. Heubachs Darstellung des Pankraz bzw. des Schmollers und sein Zusammenhang zum Dandy und dem Konzept des bioadapters (Heubach, le dandysme, 2017) – Der Zusammenhang von Convolutional Neural Networks (CNN) mit der neurologischen Forschung von D. Hubel. (z.B. Nielsen 2017) – J. J. Gibsons Kritik am Wahrnehmungs- und Bildbegriff der Psychologie (Gibson 1978).


Einführende Literatur
Gibson, James J.: The Ecological Approach to the Visual Perception of Pictures. In: Leornado 1978, Vol. 11, No. 3, pp. 227-235.
Heubach, Friedrich W.: Wieso es keine Bilder gibt und warum sie doch gesehen werden, zum Behelf der Bilder. In: SITE 2005, Heft 8, S. 76-82.
Heubach, Friedrich W.: le dandysme. Hamburg 2017.
Hubel, David H.: Auge und Gehirn/Eye, Brain, and Vision. Heidelberg 1989 (Engl. 1988).
Jonas, Hans: Homo Pictor und die Differentia des Menschen. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 1961, Bd. 15, Heft 2, S. 161-176.
Kreitler, Hans und Shulamith Kreitler: Psychologie der Kunst. Stuttgart 1980.
Nielsen, Michael: Neural Networks and Deep Learning, 2017, http://neuralnetworksanddeeplearning.com/
Penrose, Roger: Computerdenken, die Debatte um künstliche Intelligenz, Bewußtsein und die Gesetze der Physik. Heidelberg 2002.
Piaget, Jean: Psychologie der Intelligenz. Rieden 2000.
Schwarz, Michael: Situation und Orientierung in künstlichen Entscheidungsprozessen (Eine Skizze)/ Situation and Orientation in Artificial Decision Making (A Draft). Berlin 2017.
Straus, Erwin: Vom Sinn der Sinne. Berlin/Göttingen/Heidelberg 1956.
Wiener, Oswald: Kybernetik und Gespenster. Im Niemandsland zwischen Wissenschaft und Kunst. In: manuskripte. ZEITSCHRIFT FÜR LITERATUR, März 2015, Nr. 207, S. 143-163.
Lütticken, Sven: Die Mächte des Falschen/The Powers of the False. In: Texte zur Kunst März 2017, Heft 105, S. 72-91.

Sommersemester 2017

1. und 2. Studienabschnitt

Weekday : Mittwoch

Cycle : Wöchentlich

Time: 14.00 h

Start : 19.04.17

End : 19.07.17

Location : Raumstrategien, T3.02


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