Praxisseminar
Liebesarbeit/ Love Work: FEMINISTISCHE THEORIE UND PERFORMATIVE PRAXIS
Anknüpfend an das Seminar „Liebe im Kapitalismus“ wenden wir uns im Sommersemester feministischer Theorie und Praxis zu. Im Wintersemester haben wir versucht zu verstehen, wie Kapitalismus und Liebe aufeinander einwirken, sich gegenseitig bedingen und ergänzen. Dafür haben wir an Texte, in performativen Try Outs und in künstlerischen Entwürfen die Fragen gestellt: Wie fühlt sich Kapitalismus überhaupt an? Und welcher Handel wird in der Liebe betrieben?
Im Sommersemester widmen wir uns dem eher praktischen Bereich der Liebe: Liebe als Reproduktionsarbeit, Care Work, emotionale Arbeit oder sexuelles Arbeiten stellt die Grundlage für unsere kapitalistische Produktionsweise und Gesellschaftsform dar: Ohne diese Arbeit würde sich die Welt nicht drehen. Nach wie vor sind es vor allem Frauen*, die diese Arbeit erledigen, die nicht oder schlecht bezahlt wird und meistens vereinzelt und im privaten Raum stattfindet.
Der Feminismus versucht seit den 1960er Jahren, diese Tätigkeiten politisch zu machen, indem er sie aus dem privaten in den öffentlichen Diskurs bewegt und reproduktive Tätigkeiten auf privater und professioneller Ebene neu betrachtet und bewertet. Damit einher geht eine feministische Kunstpraxis, die Bilder und Handlungen findet, um diese „Liebesarbeit“ sichtbar zu machen und zu befragen.
Angesichts wachsender faschistischer Tendenzen und der damit einhergehenden repressiven Geschlechterpolitik in Europa stellt sich zurzeit erneut die dringende Frage nach feministischen künstlerischen Strategien und Interventionen. Wie können diese wirksam werden? Und wie können wir darüber hinaus neue Beziehungen und Konstellationen herstellen? Können wir dafür sorgen, dass sich die Welt anders dreht?
Wir werden gemeinsam Texte lesen und diese performativ erkunden. Performances und Try Outs werden öffentlich gezeigt.
Following up “Love in Capitalism“, we will focus this time on feminist theory and practice. In winter, we tried to understand how capitalism and love relate to, condition and complete each other mutually. Therefore, we asked in texts, and in our own performative try outs and artistic projects, the questions: How does capitalism feel like? And what’s the trade in love?
In summer semester, we will attend to the more practical part of love: Love as work. As reproductive work, care work, emotional work and sexual work, it is the basis for the capitalist production mode and society. Without this work, the world wouldn’t turn around. It’s still mostly women who do these non or bad paid jobs, often in isolated or private situations.
Feminist movements try to politicize the field of reproduction since the 1960s, moving it from private to public discourse, and finding new gazes on care work on personal and professional levels. A feminist artistic practice that develops since the same time finds images and actions to make this “love work” visible.
Facing the growing fascist tendencies in Europe and the repressive gender politics that come along with it, we once again have to think urgently about feminist artistic strategies and interventions. How can they be effective? And how can we, beyond that, create new relationships and constellations? Can we take care that the world turns differently?
Together, we will read texts and do performative research. Performances and try outs will be shown in public.
Recommended Texts, Films, and Art Works:
Bini Adamczak: Beziehungsweise Revolution, 2018
Zippi Brand Frank: Google Baby (Film), 2009
Lee Edelman: No Future. Queer Theory and the Death Drive, 2004
Silvia Federici: Caliban and the witch. Women, the Body and Primitive Accumulation, 2004
Arlie Hochschild: Global Care Chains and Emotional Surplus Value, 2000
Kitchen Politics (Hg.): Aufstand aus der Küche – Reproduktionsarbeit im globalen Kapitalismus und die unvollendete feministische Revolution, 2012
Kitchen Politics (Hg.): Sie nennen es Leben, wir nennen es Arbeit. Biotechnologie, Reproduktion und Familie im 21. Jahrhundert, 2017
Brigitta Kuster/Renate Lorenz: Sexuell arbeiten, 2007
Martha Rosler: Semiotics of the Kitchen (Performance), 1975
Helke Sander: Redupers – Die allseitig reduzierte Persönlichkeit (Film), 1978
Frauke Sandig, Eric Black: Frozen Angels (Film), 2005
Konstanze Schmitt: MILDA (Performative Research, Video installation), 2013
Konstanze Schmitt: Triumph of the domestic workers (Performance in public space, Video installation), 2010
Tanja Slivar, All adventurous women do (theatre piece), 2017
Alisa Tretau (Hg.): Nicht nur Mütter waren schwanger. Unerhörte Perspektiven auf die vermeintlich natürlichste Sache der Welt, 2018
Sergej Tretjakow: I want a baby! (theatre piece), Soviet Union, 1924
Gabriele Winker: Care Revolution: Schritte in eine solidarische Gesellschaft, 2015