Wintersemester 2022/2023, BA/MA Textil- und Material-Design Soft Rapid Prototyping Lab
OilTex
Fett ist lebenswichtig - bei Pflanzen ist Öl verantwortlich für die Energiereserve und die Erhaltung der Zellmembran. Im menschlichen Körper schützt es vor mechanischer Beanspruchung und dient zur Wärmeisolation.
Unterschieden wird zwischen härtenden und nicht härtenden, trocknenden Ölen.
Leinöl ist eines der wenigen Öle, die trocknen.
In dem Projekt OilTex wird das Leinöl als Design-Tool für
Farbentwicklung durch Vergilbung und Imprägnierung, sowie die Entwicklung dreidimensionaler Formen erforscht.
Die Vergilbung entsteht durch die enthaltenen lichtempfindlichen Fettsäuren. Das stark trocknende Öl erstarrt autooxidierend zu einem transparenten, festen Film. Durch die Sauerstoffentziehung und Polymerisation bildet sich Linoxin, ein elastischer Stoff, der an dem Textil haftet.
Nach der Aushärtung versperrt das Öl der Feuchtigkeit den Weg und bleibt atmungsaktiv.
So dient es als effektiver Schutz vor Witterungs- und Temperaturunterschieden und erhält wärmespeichernde Eigenschaften.
Das Eindringen dieser Imprägnierung ist tiefer als bei Wachs. Gekochtes Leinöl hat eine verbesserte Härtung und bietet im Vergleich zu anderen Speiseölen keinen Nährboden für Pilz und Schimmelbefall.
Der Rohstoff verleiht dem Design eine hellgelbe Farbe, die sich durch Sonnenlicht verändert und vergilben kann.
So wird eine Farbe vom Menschen vorgelegt und von der Natur weiter gestaltet.
Die OilTex Gewebe werden an einem Armwebstuhl in der Webwerkstatt der KHB, sowie die finalen Gewebe am Jacquardwebstuhl TC2 des TPL (Textile Prototyping Lab) konstruiert und handgewebt.
Partiell eingewebte grafische Muster mit Polyacryl-Lycra-Garn begegnen einer feinen Baumwollkette. Am TC2 Jacquardwebstuhl des TPL ist durch das Arbeiten mit einer bestimmten Bindungskonstruktion die dreidimensionale Veränderung des Gewebes möglich.
Die grafische Form (Atlasbindung) ist von einem Leinwandgewebe-Rahmen umgeben, sodass die Veränderung in Verdichtung und Krumpfung möglich ist.
Durch die Bearbeitung des Gewebes mit Hitze, verengt sich das Polyacryl mit Lycra, wobei die umgebene stabile Baumwollkette krumpft.
Das partiell eingewebte Polyacryl (Wollersatz), dient zum einen als blickdichter Part im Gewebe und zum anderen als isolierendes Material mit den Eigenschaften der Wolle, welches jedoch auch Wärme zurückwirft.
So kann das Endprodukt eines Vorhangs die gespeicherte Wärme in Öl und
Materialität in den Raum zurückgeben.
Die Forschung im STFI (Sächsisches Textilforschungsinstitut) beruht darauf,
die Funktionsweise der Hitzebearbeitung des Textils in der Presse auf einen Laserstrahler zu übertragen. Dies hat den Vorteil, dass die Hitze punktuell angewendet werden kann und nicht das ganze Textil der Wärme ausgesetzt ist. Die Atlasbindung des Gewebes reagiert und bewegt sich durch das lockere Gewebe ins dreidimensionale. Je nach Form entsteht ein anderer Effekt.
Die Veränderung der Dichte, ermöglicht ein Design mit unterschiedlichen Transparenzen. Das Endprodukt ist ebenso direkt dem Sonnenlicht ausgesetzt, um die weitere Farbentwicklung zu ermöglichen.