Sommersemester 2007,
Filmstills in der Malerei
Diplom Malerei,
FILMISCHES SEHEN IN DER NARRATIVEN MALEREI
Zum Verhältnis von Malerei und Film
Dem Medium Film wohnt eine lange mythische, theologische und philosophische Tradition inne, die in ihm andauernd substantiell wirkt. Aus einer simplen Naturbeobachtung entwickelte sich die Laterna magica, aus welcher mittels wissenschaftlicher Untersuchungen, Erfindungen wie Phantaskope, Nebelprojektionen, Reihenkameras, Drehkassetten, fotografische Revolver und nicht zuletzt das Breitwandkino hervorgingen. In seiner Beziehung zur Kunst changiert der Film kontext- und ortsabhängig zwischen den Prinzipien „High“ und „Low“. Kino, als Ausdruck von Hoch- und Trivialkultur, in Frankreich als die „Siebte Kunst“ bezeichnet, kann als Schleuse in einen Zwischenraum begriffen werden, in den der Besucher aus seiner Alltagswelt eintritt, um auf eine leuchtende, technisch zubereitete Realität zu stoßen. In der Geschichte der Malerei zeichnet sich eine produktive Wechselwirkung zwischen bewegten und starren Bildern ab. Trotz Moderne, Konzeptkunst und der Abstraktion als gefeierter Kunstweltsprache, trat Mitte der 1990er Jahre, insbesondere in Form von figurativer Malerei eine Wiederentdeckung der Wirklichkeit als Bildthema auf. Hierbei „wilderten“ Künstler im Fundus des Films, auf der Suche nach inhaltlichem und ästhetischem Material. Doch was fasziniert die Maler an der Suggestionskraft der bewegten Bilder? Vielleicht ist es der Wille zu einer stärkeren Anbindung an einen veränderten Realitätsbegriff und zur Wiederaufnahme des Kontakts zu einem breiteren Publikum. Béla Balázs beschrieb sehr atmosphärisch das Faszinierende an Filmbildern in Bezug auf Raum und Zeit in seinem Buch „Der Geist des Films“: „Gewiß hat der Film eine neue Welt entdeckt, die vor unseren Augen bisher verdeckt gewesen ist. So die sichtbare Umwelt des Menschen und seine Beziehung zu ihr. Raum und Landschaft, das Gesicht der Dinge, den Rythmus der Massen und den heimlichen Ausdruck des schweigenden Daseins. Aber der Film hat nicht nur Stofflich-Neues gebracht im Laufe seiner Entwicklung. Er hat etwas Entscheidendes getan. Er hat die fixierte Distanz des Zuschauers aufgehoben; jene Distanz, die bisher zum Wesen der sichtbaren Künste gehört hat. Die Kamera nimmt mein Auge mit. Mitten ins Bild hinein.“ Dieses sinnliche Erleben wird durch bestimmte psychische Abläufe ermöglicht. Wahrnehmungspsychologisch betrachtet kann das Gehirn des Menschen zunächst nur die Erscheinung, d.h. das Abbild einer Sache oder einer Gestalt wahrnehmen. Durch eine Konstruktion des Denkens, die sich aus dem Erfahrungsschatz des Tastgefühls nährt, ergibt sich der Eindruck der Einmaligkeit des Aussehens aller Dinge. Während des Prozesses der subjektiven Wahrnehmung einer Abbildung einer Situation, versucht das Gehirn die eigene Stellung zu den erfassten Gegenständen und Personen zu definieren. Aus diesem Tatbestand heraus erlebt ein Kinobesucher das Phänomen der unentrinnbaren Subjektivität, das heißt, das völlige Eintauchen in eine filmische Realität. Wiederholungen von Szenen und Einstellungen in Filmen wecken die Erinnerung an die selbe Situation, in der die Szenerie oder das Bild das erste Mal aufgenommen worden ist. Daraus folgt, dass jede Einstellung ein Bild manifestiert und jede Einstellung an eine Beziehung gebunden ist. In der Art der Weltanschauung ist auch eine Betrachtung der umgebenden Umwelt verborgen. Der Film stellt also nicht nur eine neue Kunstform dar, sondern hat auch eine neue kollektive, simultane Form der Wahrnehmung hervorgebracht und das Verhältnis der breiten Masse zu Hoch- und Trivialkultur, sowie das Verhältnis dieser untereinander, neu bestimmt. Das Kino nahm alle vorherigen Künste in sich auf und forderte eine Auseinandersetzung dieser mit der neuen Form der Kinematografie heraus. Das Thema meiner Arbeit ist der Einfluß des Filmischen auf die gegenwärtige Malerei. Seit dem Aufkommen des Films benutzen Künstler Raum-Zeit-Konstruktionen und Standfotos aus den laufenden Bildern als Bildvorlagen und als Material für ihre Kunst. Dabei ist das Wesen des Filmischen, das in diesem Ausgangsmaterial enthalten ist entscheidend. Allen Filmstandfotos ist ihre Bildästhetik, die durch das medial vermittelte Bild bestimmt ist, gemein. Die Attitüden und Posen von Schauspielern sind ebenso wichtig wie Bildbeschnitt und Collage im Sinne des „Bildsampling“. Möglicherweise setzen sich in der Malerei nach Kinobildern Bildkompositionen fest, die nicht mehr die eigene Befindlichkeit des Künstlers auszudrücken versuchen, sondern lieber vorgefundene Konstruktionen weitertreiben.
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